Urteile des Monats
Das Recht bildet sich stets fort. Um dich effektiv verteidigen zu können bilden wir uns stets fort und sind auf dem Laufenden. Aktuelle Rechtsprechung ist ein Muss für jeden Verteidiger, um eine effektive Verteidigung zu gewährleisten. Als auch für jeden Anwalt. Wir halten Euch auf dem Laufenden. Aktuelle Rechtsprechung im Straf- und Mietrecht.
Mietrecht:
Es wird in den kommenden Tagen eine interessante Entscheidung des BGH veröffentlicht:
FÜR JEDEN EIGENTUMSWOHNUNGSINHABER WICHTIG:
Nichtigkeit der während der Corona-Pandemie in einer sog. Vertreterversammlung gefassten Beschlüsse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer?
Strafrecht:
Beweisverwertungsverbote betreffend Crypto Handys: Immer aktuell:
Wir verteidigen viele Verfahren im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität. Derzeit stehen zahlreiche Verfahren basierend auf der Auswertung von Crypto-Handys aus. Erstmals hat ein Gericht – Das Landgericht Memmingen mit Urteil vom 21.08.2023 zum Az. 1 KLS 401 JS 10121/22 – entschieden, dass die sogenannten Anom-Daten einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Wir als Verteidiger hoffen und drängen die Rechtsprechung dahin, dass diese Wegweisende Entscheidung auch von weiteren Gerichten anerkannt wird und die Daten aus Crypto-Handys nicht mehr verwertet werden können. Es kommt allerdings immer auf die Einzelfallentscheidung an! Wenn bereits Mittäter die jeweiligen Chats der Crypto-Handys aufgeklärt und bestätigt haben, hilft uns diese Entscheidung nur geringfügig. Deswegen ist auch hier immens wichtig, dass keine Angaben zur Sache gemacht werden, sondern die Verteidigung anhand des Akteninhalts aufgebaut werden kann und bestmöglichst etwaige Beweisverwertungsverbote herausgearbeitet werden können.
Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass nun eine Wende in der Verwertbarkeit von EncroChat, SkyChat sowie AnomChat gerichtlich entschieden wurde. Beispielsweise kann hier das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.04.2024, Az.: 5 KLs 804 Js 28622/21 angesprochen werden. Mit diesem Urteil wurde durch das Gericht entschieden, dass die Verwendung von EncroChat-Daten beim Handeltreiben und Einfuhr von Cannabis insgesamt (450 Kilogramm laut Anklage) für unzulässig erklärt wurde.
Zudem kann jüngst auf eine Entscheidung des Landgerichts Fulda vom 15.04.2024 zum Verfahren 6 KLs 141 Js 13454/22 (15,23) verwiesen werden. Hier erklärte das Gericht die Chatinhalte, die durch die US-Behörden in der Operation Trojan Shield erhoben und bundesweit weitergeleitet wurden, als unverwertbar. Die Chat-Daten unterliegen einem umfassenden Beweiserhebungs- und Verwertungsverbot. Die Kammer hat ausgeführt, dass weder der Angeklagte, noch die Kammer selbst, jetzt und in ferner Zukunft die Möglichkeiten haben werden, die rechtlichen Grundlagen der Datenerhebungsmaßnahmen der Operation zu überprüfen, da die US-Behörden Informationen zu den Maßnahmen zurückhalten und verschweigen! Insoweit ist – nach Angaben der Verteidigung und des Gerichts – nicht abwegig, dass die Maßnahme als solche eine anlasslose Massenüberwachung gewesen sei, sodass hier ein Verstoß gegen den ordre public und wesentliche verfassungsrechtliche Grundsätze nicht zu verweisen sind.
Die gesetzliche Regelung zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungusten des Freigesprochenen in § 362 Nr. 5 StPO ist verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 31.Oktober.2023 zum Aktenzeichen 2 BVR 900/22 entschieden, dass die gesetzliche Regelung zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens zuungsten des Freigesprochenen verfassungswidrig ist. Hierzu führte das Gericht in den Gründen folgendes aus: „Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer ist verfassungswidrig. Ihre Rechtsgrundlage, § 362 Nr. 5 StPO, verstößt gegen Art. 103 Abs. 3 GG. Das in Art. 103 Abs. 3 GG statuierte Mehrfachverfolgungsverbot verbietet dem Gesetzgeber die Regelung der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens zum Nachteil des Freigesprochenen aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel. Es trifft eine Vorrangentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit gegenüber der materialen Gerechtigkeit. Zudem verletzt die Anwendung des § 362 Nr. 5 StPO auf Freisprüche, die bereits zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens rechtskräftig waren, das Rückwirkungsverbot.“ (zitiert aus der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 94/2023 vom 31. Oktober 2023)
OLG Zweibrücken: Der Widerruf einer Bewährung darf nicht als Strafe für während der Bewährungszeit begangene Verfehlungen verstanden werden
Anmerkung von Manuel Lorenz
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 3.12.2024 – 1 Ws 40/24 , 1 Ws 41/24 , BeckRS 2024, 35493
Ein Widerruf ist nur dann gerechtfertigt, wenn die aktuellen Lebensumstände des Verurteilten deutlich machen, dass eine Änderung der kriminellen Lebensführung nicht erfolgt ist und deshalb die Erwartung eines straffreien Lebens nicht aufrechterhalten werden kann.
BGH: Bestätigt: Lebenslang für Altenpfleger nach Mord an Heimbewohner
Als besonders mutig und kompetent wollte ein Altenpfleger erscheinen, am Wohl der Heimbewohner war er aber weniger interessiert. Jetzt muss er wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung lebenslang in Haft. Der BGH hat das Urteil des LG Bremen bestätigt (BeckRS 2024, 36303).
BGH: Psychisch kranker Straftäter: Gefängnis oder Krankenhaus?
Begeht jemand Straftaten unter dem Eindruck einer psychischen Krankheit, ist sowohl der Vorsatz als auch die Schuld genau unter die Lupe zu nehmen. Der BGH hob ein Urteil zu einer Gefängnisstrafe auf, weil unter anderem nicht geprüft worden war, ob der Mann im Erlaubnistatbestandsirrtum gehandelt hatte (BeckRS 2024, 36263).
OLG Jena: Streit um „Knockout 51“-Prozess: Wer ist zuständig?
Im September 2024 hatte der Generalbundesanwalt die Rädelsführer der Neonazi-Kampfsportgruppe „Knockout 51“ wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Das OLG Jena bewertet die Gruppe anders – nun muss der BGH entscheiden (OLG Jena Beschl. v. 19.12.2024 – 3 St 2 BJs 153/24).
Corsten: Der medizinische Sachverständige in Strafverfahren gegen Ärzte
MedR 2024, 952
Medizinischen Sachverständigen kommt in Strafverfahren gegen Ärzte wegen des Vorwurfs von Behandlungsfehlern erhebliche Bedeutung und großer Einfluss zu: Denn sie sind diejenigen, die bewerten können und sollen, ob ein ärztliches Tun oder Unterlassen lege artis war. Dieses Einflusses sind sich Staatsanwaltschaften und Gerichte nicht immer bewusst, was für die Verteidigung oftmals dazu führt, dass sie den Beschuldigten letztlich gegen den Sachverständigen verteidigen muss. Der vorliegende Beitrag erläutert die Rolle des Sachverständigen im Strafverfahren und zeigt Problemkreise aus Sicht der Verteidigung auf.